Tödliche Kilometer by Günther Zäuner

Tödliche Kilometer by Günther Zäuner

Autor:Günther Zäuner [Zäuner, Günther]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Egoth Verlag
veröffentlicht: 2015-08-02T16:00:00+00:00


Rache

Keine Sekunde bereut Johann „Joe“ Kandler seine Entscheidung, bei JustDoIt alles hinzuschmeißen und dem Boss Jan-Jens Jüptner gründlich die Meinung zu geigen. Auch Joes Assistent und die Visagistin haben gekündigt. Natürlich weigert sich Jüptner, die ausstehenden Honorare für den Mallorca-Trip zu bezahlen, doch damit haben die drei Abtrünnigen gerechnet. Somit hat die Agentur ein zusätzliches Problem am Hals, denn nun wurde das Arbeitsgericht eingeschaltet. Jüptner tobte dementsprechend, schrie etwas von Undankbarkeit und war von den drei Kündigungen mehr als überrascht.

Selbstverständlich hat Joe kein Wort über seine Anzeige gegen Teskalek und seinen Tipp an die spanische Polizei verraten. Jedenfalls ist er nicht in der Firma zu sehen, was den Fotografen zu der Vermutung veranlasst, dass er noch auf der Insel festgehalten wird. Zumindest hofft es Joe und würde es ihm von Herzen gönnen.

Joe ist auf diese Agentur nicht angewiesen, er hat sich im Laufe der Jahre einen Namen geschaffen und kann es sich leisten, vorübergehend ein bisschen kürzer zu treten. Der dreiunddreißigjährige Mann, der von seinem Erscheinungsbild her selbst als Model arbeiten könnte, will sich eine längere Auszeit gönnen. Vielleicht endlich nach Neuseeland reisen, das nimmt er sich seit Jahren vor, aber immer wieder funkt etwas dazwischen. Der ungebundene Mann ohne jeglichen Anhang braucht auf niemanden Rücksicht zu nehmen, kann tun und lassen, was er will. Heute ist ihm jedenfalls nach Ausgehen zumute. In eine Bar oder in einen Club, wieder einmal ausprobieren, ob seine Wirkung auf Frauen nachgelassen hat oder ob er noch immer anziehend ist. Daher wird er sich für heute Abend schick in Schale werfen und einen Zug um die Häuser machen.

Er geht zu seinem Schrank im Schlafzimmer, sucht sich die passende Kleidung aus und legt sie gerade auf das Bett, als der Summer der Gegensprechanlage ertönt. Komisch, um diese Zeit? Joe erwartet keinen Besuch. Er nimmt den Hörer zur Hand.

„Ja, bitte?“

„Paketdienst.“

Joe kann sich nicht erinnern, irgendetwas bestellt zu haben. Dennoch drückt er den Türöffner. Obwohl er sonst ein sehr vorsichtiger Mensch ist, unterlässt er dieses Mal den Blick durch den Spion. Doch er wird nie mehr darüber nachdenken können, weshalb er diesen fatalen und tödlichen Fehler begangen hat.

Das Letzte, was er in diesem Leben sieht, ist ein ihm völlig unbekannter Mann. Ohne Paket, dafür mit einer Pistole mit aufgesetzten Schalldämpfer in der Hand. Das Letzte, was er in diesem Leben hört, sind drei leise Plopgeräusche. Die Projektile schlagen in unmittelbarer Umgebung seines Herzens in den Körper ein. Bereits im Zusammenbrechen hat er seine letzte Reise angetreten. Die vierte Kugel, die der Killer dem Fotografen in den Kopf jagt, ist nur mehr pro forma, um auf Nummer sicher zugehen. Der Mörder scheint alle Zeit der Welt zu haben. Er lässt die Waffe unter seiner Jacke verschwinden, betritt die Wohnung, zieht Joe am blutdurchtränkten Bademantel zurück in das Vorzimmer, überzeugt sich, dass der Fotograf tot ist, hebt die Patronenhülsen auf, zieht die Türe hinter sich zu und verlässt ungesehen das Haus.

In der Taubstummengasse im vierten Wiener Gemeindebezirk und in unmittelbarer Nähe des Tatorts steigt der Unbekannte in einer U-Bahn der Linie U1 und fährt bis zur Donauinsel.



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